Montag, August 14, 2006

Ulm

Hallo Zusammen,

da dies meine Standardanrede ist, bleib ich auch weiterhin dabei. Auch wenn ich nie so genau weiss, wen ich eigentlich damit anspreche. Item. Ich bin jetzt in Ulm und ihr fragt euch sicher wie der kleine Teufelskerl Joel in einem Tag fast fünfzig km gemacht hat. Hat er nicht. Jedenfalls nicht ganz. Nach ca. dreissig km war ich in Erbach (oder so) einer mittelgrossen Vorstadt ca. zwölf km von Ulm entfernt. Ich hatte keine Lust mehr weiterzugehen und beschloss kurzerhand den Bus bis Ulm zu nehmen. Ich hätte natürlich in Erbach übernachten können, aber da ich schon so nah an Ulm war, wollte ich auch dort übernachten und nicht einfach nur dort vorbeigehen. Ich wohne mitten in der Stadt gleich hinter dem Münster, sozusagen neben der Pläfä. Ich hatte einiges Glück überhaupt ein Zimmer gefunden zu haben, da praktisch alles ausgebucht ist. So bin ich nun in einem schäbigen Kämmerlein, das immerhin eine Dusche hat. Aber egal. Hauptsache Bett im Haus und nicht Bank im Park.
Heute war es übrigens wieder einmal nicht sehr tolles Wandern. Ich musste ständig den Weg suchen; die Beschilderung war miserabel. Aber so siehts aus, wenn man aus dem beschaulichen Donautal heraus in die Gravitation einer grossen Stadt gerät. Alles ist ein wenig dreckiger, ungepflegter und vernachlässigter. Mit den Menschen verhält es sich übrigens gleich umgekehrt. Während ich auf dem Land immer wieder ältere, schlecht gekleidete Menschen auf alten Fahrrädern sah, sind die Leute in der Stadt chic und hip.
In Munderkingen hatte ich Gestern auf dem Weg zum Abendessen übrigens noch ein eindrückliches Erlebnis. Ich ging durch eine kleine Gasse mitten in Munderkingen und kam dabei an einem Haus vorbei, dessen Fassade graubräunlich war und der Regen seine Spuren über Jahre, wenn nicht Jahrzehnte hinterlassen hatte. Das Haus war sehr tief mit wenigen Fenstern und die Eingangstüre erinnerte eher an einen Seiteneingang eines Kuhstalles. In diesem Eingang stand ein kleines Mädchen, das ungefähr neun Jahre alt war. Es hatte ein einfaches Kleid an, das mal sehr farbig gewesen sein musste, aber durch das häufige waschen ausgebleicht war. In der Hand hielt sie eine Holzperlenkette, ähnlich einem Rosenkranz, die sie auch genauso hielt. Und während sie mich anschaute und ich sie, liess sie die Kette mittels Daumen und Zeigefinger im Kreis drehen. Es war ein Bild. Ich kannte es nur zu gut. Es sah genauso aus, wie die Bilder vom Balkan beispielsweise. Ein verängstigtes Kind spielt mit einem ganz einfachen Spiezeug vor einem alten, zerschossenem Haus, hier fehlten nur die Einschusslöcher. Tag eins nach Kriegsende. Genauso muss man sich dieses Bild vorstellen. Bei diesem Gedanken packte mich das Absurde an der Kehle und schnürte sie mir zu. Der Bauch wurde leicht und flau und die Augen trauten den Ohren nicht, weil die Ohren eigentlich Panzergeräusche hätten melden sollen und nicht Autogeräusche von schönen modernen Autos. Ich ging schnell weiter.
Da kann man nicht mehr weiterschreiben.
Fortsetzung folgt.
Gruss
Joel

6 Comments:

Anonymous Anonym said...

hallo joel
deine berichte sind spannend, habe heute mal alles nachgelesen. eigentlich hatte ich gedacht, du wärst nach trimbach um einiges weiter gekommen als bis aarau. vielleicht kommst du ja ein andermal bei uns vorbei...
diese schöne strecke der donau entlang nach sigmaringen haben wir anfang juli mit dem velo gemacht, hat mich beeindruckt.
ich bin gespannt, wie es bei dir weitergeht.
liebe grüsse
heidy

10:20 PM  
Anonymous Anonym said...

Lieber Joel
Danke für deinen Bericht. Kahlil Gibran, der libanesische Schriftsteller und Maler schreibt über Freud und Leid: "Je tiefer das Leid in eurem Innern bohrt, um so mehr Freude vermöget ihr zu fassen." (...) "Sie kommen gemeinsam; und sitzet nur die eine oder der andere bei euch zu Tische, so bedenket, dass der eine oder die andere auf eurem Lager schlummert."
In diesem Sinne wünschen wir dir alles was du brauchst für deine Reise.
E liebe Gruess
Albert und Daio

11:01 PM  
Anonymous Anonym said...

Ciao Jölu

Finges zgäi was da bi Dir so
abzgah schiint. :) Ha numä dänkt, wöu dr sägä, dass i o zu denä ghörä wo dini Kommentär mit Interässä lisä, da du ja gseit hesch heigsch ke Ahnig.. :)

U übrigens: d BWLII Noten si de duss.. :(

Gruess Sebi

12:48 PM  
Anonymous Anonym said...

so wit u nid z brämse...

vingi super, dini reis, ou das de soviu zyt finsch üs drüber z schribe...

es mues idrücklech u schpannend si, immer witer z loufe u zügs z erläbe, voraumen wedi scho vou az wanderläbe gwönt hesch.

wünsche dr aues guete u fiti füess...

1:07 PM  
Anonymous Anonym said...

Hoi Joel

Du besch jo inzwüsche es rächts Stückli glofe. I fende das intressant emmer weder dini Kommentär zläse. Leider hani ke Landcharte vo Deutschland und ha so mit ned eso de Überblik wo du grad besch.
Fendi no krass was vo dem meitli gschrebe hesch. I ha dänkt i wot der do es chutzes sprüchli der zu säge: Mancher ist arm bei grossem Gut und mancher ist reich bei seiner Armut.
I wünscheder witerhin vell efolg dis ziel zerreiche und echli schöners Wäter!

11:19 PM  
Anonymous Anonym said...

Hey joel!
hocke grad ir bns, mit üsne geliebte chunde am plöiderle, und hamer ändlech mauzit gno, dini iträg i aller rueh ds läse.
bi würklech beidruckt, und mues säge, das das unternäme, wo du do under dfüess gno hesch, sicher ä einmahligi erfahrig isch. psychisch wie physisch...oder???
naja chlei niid schwingt ou mit, da i hie mit mimi headset a stuehl und a computer gfesslet bi...:-)

machs no guet und bis gli, vermissisches nonid???:-)

grüessli veryan

10:49 AM  

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