Mittwoch, August 16, 2006

Höchstädt

Hallo Zusammen,

zuerst einmal danke ich euch für die vielen Kommentare; langsam krieg ich Fans:)
Von Ulm aus ging ich weiter nach Offingen, wo ich in einem schönen Zimmer übernachten konnte. Und Heute ging ich von da bis nach Höchstädt. Die letzten beiden Etappen konnte ich komplett am Donauufer entlang marschieren. Das heisst, links war Wald und rechts war die Donau. Landschaftlich ist das zwar nicht sehr interessant, aber zum wandern trotzdem schön, weil man nie ein Auto oder sonstwas sieht und auch sonst ziemlich alleine auf weiter Flur ist. Problematisch ist allerdings, dass ich jeweils am Abend und am Morgen einige Laufzeit dafür investieren muss, in eine Ortschaft bzw. von da wieder raus zu kommen. Dadurch verkürzt sich die zurückgelegte Distanz.
Gestern traf ich auf meinem Weg nach Offingen vier Fischer, welche Forellen fangen wollten. Als ich dort war, fingen sie gerade einen Fisch - weiss nicht mehr wie er hiess - den sie allerdings wieder ins Wasser warfen, weil es ein ungeniessbarer Fisch ist. Was mir an den Fischern in Deutschland aufgefallen ist, ist die Tatsache, dass sie allesamt Tarnkleider tragen. Leider habe ich es versäumt die Fischer von Gestern zu fragen, ob dies einen speziellen Grund hat. Ich werde dies bei Gelegenheit nachholen und es euch dann mitteilen.
Im Moment habe ich einen Motivationsdurchhänger. Ich habe mir Heute die Übersichtskarte von Deutschland angeschaut und festgestellt, dass ich noch weit von Berlin entfernt bin. Allerdings weiss ich, dass ich schon morgen Richtung Norden abbiegen werde. Wenn dies endlich der Fall ist wird dann Berlin auch näherrücken. Manchmal denke ich, dass ich verrückt sein muss, all diese Strapazen auf mich zu nehmen. Im Moment plagen mich jeden Tag kleine Wadenkrämpfe, die ich mit Kaugummikauen und Magnesiumtabletten einerseits verdränge und andererseits wirksam bekämpfe. Als ich am Montag Richtung Ulm ging und da den Bus nahm, tat ich dies nämlich vor allem darum, weil ich vom ersten Kilometer an schon Wadenkrämpfe hatte. Seit ich in Ulm Magnesiumtabletten gekauft habe, kommen die Krämpfe erst nach ca. fünf Stunden Marsch, was das Ganze erträglicher macht. Die Blasen an den Füssen sind übrigens alle bis auf eine verheilt. Muskelkater habe ich auch keinen mehr. Deshalb nerven mich die Wadenkrämpfe, weil ich ohne sie schmerzfrei gehen könnte.
Ich habe euch ja schon erzählt, dass es den Deutschen ins Baden-Württemberg und jetzt auch in Bayern ziemlich gut zu gehen scheint. Dieser Eindruck ist geblieben. Aber ich habe Gestern mit einem Mann gesprochen, der wahrscheinlich ein normaler Arbeiter ist. Wenn man bedenkt, dass in Deutschland jeder über fünfzig Prozent Steuern zahlt, die MwSt auf siebzehn Prozent ist und ab 1. Januar 2007 nochmals um drei Prozent steigen wird, "macht das Leben hier keinen Spass mehr", wie es der Mann gesagt hat. In dem Moment musste ich ihm Recht geben. Andererseits habe ich mich gefragt, wo das Leben sonst denn Spass machen kann, wenn nicht in einem hochindustrialisierten Land ohne Krieg, in dem jeder genug zu essen, zu trinken und ein Dach über dem Kopf hat. Ausserdem kann jeder hier sein Leben ziemlich frei gestalten. Bei diesem Gedanken habe ich mich über die ewig Jammerer genervt, denen ich in meinem Leben schon Zuhauf begegnet bin. Also, wenn ihr euch das nächste Mal beim jammern erwischt, dann denkt einmal darüber nach.
Noch etwas zum Ort Höschstadt in dem ich mich gerade befinde. Der Ort hat ca. viertausend Einwohner, ein riesiges Schloss und eine mächtige Kirche. Um diese Stadt haben scheinbar um 1700 schon die Spanier gekämpft. Dies lässt sich gut verstehen, wenn man das Land hier sieht. Es ist im Umkreis von ca. 100 km überwiegend Flach und die Donau fliesst gleich daneben durch. Die Felder hier sind dementsprechend etwas grösser als die Gärtchen unserer Bauern :) À propos Bauern. Vor ca. einer Woche hat mir einer erzählt, dass es in seinem Heimatdorf Ende der siebziger Jahre noch ca. 300 Bauern gab. Ende der achtziger Jahre waren es dann noch drei. Soviel zum Struckturwandel, der in der Schweiz noch bevorsteht.
Jetzt fällt mir noch etwas ein, das ich schon lange mal schreiben wollte. Die Deutschen sind viel moderner als wir hochnäsigen Schweizer. Jeden Tag sehe ich dutzende von Dächern, die mit Solarzellen und/oder Warmwasserkollektoren bestückt sind. Ausserdem habe ich schon einige Biogas Anlagen auf Bauernhöfen gesehen. Wenn die Grünen in der Schweiz also monieren, dass die Schweiz in diesem Punkt ins Hintertreffen geraten ist, so kann ich dies nur bestätigen.
So damit ist endgültig Schluss mit diesem Bericht.
Bis zum nächsten Mal.
Tschüss aus Deutschland.
Joel

5 Comments:

Anonymous Anonym said...

Lieber Jölu
Ja, ein Durchhänger ist wohl normal. Das gibt's beim Arbeiten, beim Ferien machen. Immerhin kannst du die Richtung bestimmen... Es gibt viele Wege nach Berlin, z.B. der Donau entlang bis Regensburg usw. Wahrscheinlich ist es wie beim Start in Bern: Du hast geschrieben "Aber das Wichtigste war für mich der erste Schritt." Mir schien es gerade umgekehrt: Mir scheint, du hast schon einen sehr weiten Weg hinter dir, von Bern an gerechnet. Viel Mut, hoffentlich triffst du den nächsten Fischer. Sag ihm einen Gruss....
Liebe Grüsse Albert

7:48 AM  
Anonymous Anonym said...

Lieber Joel
Ich habe dir einen langen Brief geschrieben.Leider habe ich auf die falschen Tasten gedrückt ,alles gelöscht.
Morgen nehme ich dann einen neuen Anlauf. Liebe Grüsse.
DAIO

9:01 PM  
Anonymous Anonym said...

Lieber Joel
So wie ich auf www.maps.google.com sehen kann, hast du heute Donnerstag wohl die Hälfte des Weges überschritten. Es geit ouso bereits hingerabe. Das isch jo doch fasch nid zum gloube.
E Gruess vom Kalben

9:25 PM  
Anonymous Anonym said...

Es war falsch, was ich "berechnet" habe. Aber das weisst du Joel ja besser: Die Hälfte des Weges ist noch nicht erreicht. Ich liess mich täuschen. Du siehst, wir verfolgen dich... Aus unserer Sicht ist es schön, wenn die Reise noch dauert! Machs guet.
Kalben, der nun wirklich definitiv ein Kalben ist.

7:36 AM  
Anonymous Anonym said...

Lieber Joel
nun setze ich mich nochmals an den Computer den ich ziemlich hasse, der aber eben gute Dienste leistet.Eigentlich wollte ich dir schon lllllänger schreiben ,aber es ist so praktisch wenn Albert sich zum Schreiben entschliesst.Mir ist es in der letzten Zeit nicht so ring gegangen,ich musste mich oft durchkämpfen .Nun merke ich ,dass du das auch nicht gestohlen hast.Zu deinen Wadenkrämpfen:Nach der Erfahrung von Albert kannst du oder musst du eine rechte Portion Magnesium schlucken dass du eine Wirkung spürst.Oder geh doch einfach zu einem Arzt.Es ist ja nicht der Sinn,zu leiden sondern zu zu geniessen aber auch seine Grenzen zu erfahren und auch zu akzeptieren.Ich bewundere und beneide dich, dass du die ganze Operation so auf deine Weise durchführst.Jetzt habe ich gerade mit Heidle telefoniert.Sie bewundert dich wie du gut schreibst Jetzt gibts Zucchettikuchen zum Znacht ,Albert hat Hunger und Michael geht in den Ausgang.Liebe Grüsse und bis bald
DAIO

6:15 PM  

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