Dienstag, September 05, 2006

Lutherstadt-Wittenberg

Hallo Zusammen,

gestern ging ich via Radweg von Leipzig bis nach Bad Düben. Darüber gibts eigentlich gar nichts zu erzählen, da das Land hier so flach wie in Holland ist und etwa so stark besiedelt wie Sibirien. In dem flachen Land kam ich an fünf Quadratkilometer grossen Feldern vorbei, auf denen die Bauern am ackern waren. Während des gesamten Tages hat mich ein böiger Süd-Ost Wind fast umgeweht und ich hatte wieder einmal so richtig die Schnauze voll vom gehen.
In Bad Düben wurde ich dafür mit einem günstigen Zimmer in einer Privatpension und einem Lammrückenfilet im Restaurant National belohnt. So ein zartes Stück Fleisch habe ich schon seit Ewigkeiten nicht mehr gegessen.
Das billige Zimmer in Bad Düben hatte auch ein paar Nachteile: erstens ein altes Ehepaar, das mich nach der Präsentation des Zimmers kaum mehr verlassen wollte; zweitens ein Bad das nichts für Hygiene Fans wäre und drittens nur alte Leute in der Kurstadt. Froh am andern Tag aufgewacht zu sein, wollte ich heute eine etwas grössere Etappe von Bad Düben bis nach Wittenberg machen.
Dazu folgte ich dem Radweg Leipzig-Berlin, der mich gesern so toll nach Bad Düben gebracht hatte. Leider habe ich nicht damit gerechnet, dass dieser Radweg für richtige Touristen und nicht für Power-Wanderer gemacht wurde. Nach ca. zehn Kilometern nahm ich die erste Abkürzung, was auch ganz gut funktionierte. Danach führte mich der Radweg aber erneut ins Kraut und ich beschloss gleich in die entgegengesetzte Richtung zu gehen. Diese tolle Entscheidung hatte weitreichende Konsequenzen. Ich führte mich ins Niemandsland. Nach ca. zweieinhalb Stunden weiterwandern, es war inzwischen fünf Uhr geworden, konnte ich herausfinden, wo ich mich befand und wie ich nach Wittenberg kommen könnte. Leider wäre dazu ein ca. dreistündiger Marsch vonnöten gewesen, was mich nicht erfreute. Glücklicherweise fand ich eine nette Mitfahrgelegenheit, die mich hierher brachte. Darüber bin ich wirklich froh.
Über die Landschaft zwischen Bad Düben und Wittenberg gibt es auch nicht viel zu erzählen. Flach, bewaldet, Windkraftwerke und eine dünne Besiedelung prägen dieses Land. Ich frage mich wieder einmal, warum ich auf die Idee kam von Bern bis nach Berlin zu wandern. Bei diesem Wind und dieser Landschaft macht es nämlich wenig Spass zu wandern.
Das Gute im Moment ist allerdings, dass ich nicht mehr weit von Berlin entfernt bin und ich mich damit trösten kann, dass ich in wenigen Tagen dort sein werde. Langsam merke ich, dass ich generell genug habe von dieser Reise. Ich möchte wieder mobil sein, öV benutzen und solche Dinge. Dass ich so kurz vor dem Ziel am meisten Motivationsprobleme habe, hätte ich zu Beginn der Reise wirklich nicht gedacht. Wahrscheinlich ist die kurze Distanz (ca. 100km) genau der Grund, weshalb ich nicht mehr viel Lust zum Wandern habe. Man könnte ja einfach trampen, den Zug nehmen oder in einem Tag mit dem Rad dorthin fahren. Aber nein ich muss gehen. Hoffentlich ist das Glücksgefühl in Berlin dann umso grösser.

Gruss aus der Lutherstadt Wittenberg.

Joel

P.s.: Ich erwarte von euch, dass ihr kein Mitleid zeigt. Ich bin ja so was von selber Schuld:)

1 Comments:

Anonymous Anonym said...

Hallo Joel
So tragisch ist ja die Sache nicht. Auf ca. 1100 km darf man sich ja auch mal verlaufen und den Koller haben, selbst wenn dies 100 km vor dem Ziel ist.
Ich wünsche dir 3 gute Tage, mit möglichst wenig Wind.
Mitleidlose Grüsse
Andrea

10:51 PM  

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