Berlin 2
es ist schon eine Weile her, seit ich mich das letzte Mal gemeldet habe. Eigentlich dachte ich, dass ich sehr viel über Berlin würde erzählen können. Leider stellt sich das als schwieriger heraus, als ich gedacht habe. Kommt dazu, dass ich am Anfang sehr viel Mühe hatte mich auf diese Stadt überhaupt einzulassen. Ich war etwas von mir selbst überrrascht, so schnell hier gewesen zu sein und hier so viel Zeit zur Verfügung zu haben.
Das Standar-Touri-Programm habe ich deswegen aber nicht ausgelassen. Am Samstag besuchte ich eine englischsprachige Free-Tour durch das historische Berlin. Regierungsviertel, Kaiserpalast, ehemaliges Stasi-Zentrum, Mauer usw. Das wäre eigentlich alles sehr langweilig und öde gewesen, hätte uns nicht der gute Chris aus Amerika durch die Stadt geführt. Seine Führung war eine Show und eine schauspielerische Meisterleistung. Langweilig wurde es dadurch nie und auch die vier Stunden war in Ordnung.
Am Sonntag war ich im Reichsttagsgebäude und im neuen Hauptbahnhof. Am Montag habe ich den ganzen Tag geschlafen, da ich die Nacht zuvor durchgetrunken habe. Heute war ich auf dem TV-Tower beim Alexanderplatz. Davor habe ich mir von einem türkischen Friseur den Bart und die Haare schneiden lassen. Auch wenn er mit seiner Rasierklinge die ganze Zeit herumgefuchtelt hat, wie ein japanischer Samurai, hatte ich doch nie Angst, dass er mir damit die Kehle aufschneiden würde. Weiter gings mit Ticketkaufen im Hbf, kurzer Aufenthalt im Hostel, essen in Oranienburgergebiet.
Wer einmal nach Berlin kommt, sollte zwischen Torstrasse und Oranienburgerstrasse eine Nacht verbringen. Dieses ehemalige Ostgebiet ist voller Bars, Restaurants und anderen sündigen Verlockungen (hübsche Strassenprofis inkl.).
Eins muss ich aber doch loswerden. So megatoll und unglaublich schön ist Berlin auch wieder nicht. Natürlich wird überall neu gebaut, kein Stein bleibt auf dem anderen, die Strassen sind voller Kunstgalerien, alternativen Ausgehorten und sonstigen grossstädtischen Erscheinungen. Die Leute sind offen, direkt und viele sind auf ihre Art auch individuell. Aber deshalb Berlin als das grosse Mekka des heutigen Europas auszurufen? Diese Sachen findet man doch in allen grossen Städten. Und wenn man ehrlich ist: Die Leute aus dem eigenen Umfeld, welche bisher in Berlin waren, haben auch mehr davon geschwärmt, dass sie schon mal in Berlin waren, als von den Vorzügen und einzigartigen Dingen Berlins. Wenn ich es mir recht überlege, dann stimmt es wohl, wenn man sagt, dass die Ferien beim erzählen immer viel toller waren, als es tatsächlich war.
In diesem Blog habe ich immer versucht euch die Wahrheit zu sagen. Also wenn ich in guter Stimmung war und gute Dinge erlebt habe, dann habe ich dies mitgeteilt. Genauso, wie ich mich nicht gescheut habe euch zu erzählen, dass mich in Ostdeutschland extrem negative Gefühle überfallen haben. Darüber kann auch Berlin nicht hinwegtäuschen.
Ostdeutschland ist und bleibt was es ist, auch wenn hier zufälligerweise Berlin liegt: Ein Entwicklungsland im Osten von Westdeutschland. Ostdeutschland wird von der Politik in Deutschland, als Gebiet zweiter Klasse angeschaut, das mehr Hilfe benötigt, als man geben kann. Zwanzig Prozent Arbeitslosigkeit ist in diesen Längengraden meist noch untertrieben. Natürlich wird Berlin herausgeputzt, aber das ist nur ein Schleier dafür, was sich dahinter, sprich in den umliegenden Ländern verbirgt. Es macht zwar viel Spass, sich in Berlin zu vergnügen, und glaubt mir, das kann man hier, aber kein vernünftiger Mensch kommt angesichts der allgegenwärtigen Misere auf die Idee sich hier niederzulassen. Ausser man liesse sich blenden von dem hippen Berlin, das in den Medien oft und gerne zelebriert wird. Berlin ist nichts weiter als eine Grossstadt in Europa. Einziger Unterschied zu Paris oder London: Die spezielle Geschichte ist hier frischer als in den anderen Metropolen. Aber zumindest in Frage zu stellen, ob eine spezielle Geschichte schon etwas Gutes hervorbringt, sollte man. Auch wenn man absolut trendy ist, wenn man nach Berlin geht. Und erst recht wenn man tatsächlich gegangen ist und nicht geflogen oder gefahren.
In disem Sinne gute Unterhaltung mit anderen Medien, denn dies ist der letzte Eintrag, den ihr auf diesem Blog finden werdet.
Adieu
Die weibelsche Unterhaltungsindustrie bedankt sich für eure Aufmerksamkeit.