Samstag, August 12, 2006

Riedlingen

Hallo Zusammen,

gestern wanderte ich von Sigmaringen bis nach Riedlingen (ca. 35km). Inzwischen merke ich das Gepäck auf dem Rücken nicht mehr und auch die Schuhe weiss ich inzwischen so zu binden, dass keine weitere Blasen entstehen sollten. Heute werde ich zum ersten Mal ohne Blasenpflaster unterwegs sein. Die Blasenstellen sind zwar noch voller Narben und frischer Haut, aber sie schmerzen nicht mehr und ich kann ganz gut ohne Pflaster gehen. Gestern war das Wandern kein Spass. Es hat immer wieder geregnet und meine Füsse schmerzten auf eine Weise, die auftritt, wenn man den ganzen Tag steht. Meine Schuhe sind wohl auch nicht mehr so toll abgefedert wie am ersten Tag. Eins steht jedenfalls jetzt schon fest; die Schuhe werden reif fürs Museum sein, wenn ich in Berlin ankommen werde. Ihr merkt aus letzterem Satz, dass ich inzwischen ganz zuversichtlich bin, dass ich es schaffen werde, bis nach Berlin zu kommen. Dies, weil ich diese Woche schon 150km weit gekommen bin und heute noch ca. 20km machen werde. Morgen werde ich einen Tag Pause machen und hoffentlich meine Wäsche machen können. Es wäre nicht unbedingt spassig in gebrauchten Socken und Unterhosen unterwegs sein zu müssen. Ausserdem sind meine kurzen Hosen mehr grün als beige.
Im Donautal sind mir einige Sachen aufgefallen, die euch dazu verleiten könnte auch mal hierher zu kommen: Die Leute hier scheinen viel Geld zu haben, da ich ständig Neubauten sehe. Der Wirt vom Hotel "Hirsch" in Riedlingen hat dies auch bestätigt, da er mir erzählt hat, dass Baden-Würtemberg und Bayern die zwei stärksten Wirtschaftsregionen Deutschlands mit der tiefsten Arbeitslosigkeit und der tiefsten Kriminalitätsrate sind. Soviel zum wirtschaftlichen. Kulturell kommen hier alle Mittelalter-Fans auf ihre Rechnung. In Sigmaringen hat es ein grosses Schloss, in dem man auch auf eine Führung gehen kann. Kulinarisch bleiben in dieser Region übrigens auch keine Wünsche offen, obwohl ich mich gestern dann doch gegen das "Züricher Geschnetzeltes an Rahmsauce mit Teigwaren" entschied. Was ich bisher noch nicht gegessen habe, sind die Schwäbischen Maultäschle oder Maultaschen, welche eine Art überdimensionierter Ravioli sind, die man mit den gewohnten Soßen haben kann. Ihr wundert euch ab der Schreibweise von Soße? Das scheint dann wohl Deutsch zu sein. Ansonsten sprechen die Leute hier an der Schwäbischen Alb (höchster Berg ca. 900m) nicht sehr viel Hochdeutsch. An den Stammtischen muss ich immer zweimal hinhören um mir sicher zu sein, dass da keine Schweizer sitzen. Die Schwaben benutzen nämlich Wörter wie "bisch", "weisch" und ähnliche Abkürzungen, die wir auch benutzen.
Noch ein letztes. Gestern traf ich ein Akademiker-Ehepaar auf Radtour, die schon pensioniert sind. Sie geht wieder auf die Uni und studiert Philosophie, er hat sich mit 61 Jahren für den Ironman von Hawaii qualifiziert und hat diesen nun schon zweimal gemacht. Dazu musste er in Österreich in seiner Altersklasse Erster werden. Er hat die 180km Rad, 3.5km Schwimmen und den Marathon in einer Zeit von etwas über 11 Stunden absolviert. Da konnte ich nur den Hut ziehen, den ich nicht trage und insgeheim neidisch sein, weil ich mir sicher bin, dass ich als 24 jähriger nicht einmal die ganze Strecke schaffen würde.
Ich danke euch nochmals ganz herzlich für die Kommentare, es freut mich, dass es euch gefällt.
Jetzt muss ich los, schliesslich will ich Heute doch noch ein Stück vorwärtskommen.
Gruss
Joel

Donnerstag, August 10, 2006

Sigmaringen

Hallo Zusammen,
ich habe in Tuttlingen ein tolles, aber auch etwas teures Zimmer gefunden (35.-). Es war ein Doppelzimmer, so dass ich so richtig Platz hatte für mich alleine. Am nächsten Tag (9.08) ging ich von Tuttlingen bis Hausen im Thal, welches in der teilweise sehr engen Donauschlucht liegt. Die Wanderung durch dieses Tal war wirklich toll. Es gibt überhaubt keinen Verkehr dort und man ist praktisch nur in der Natur. Verlaufen kann man sich auch nicht, weil es nur einen Weg gibt. An jenem Tag machte ich ca. dreissig Kilometer, wie das für mich schon fast zum Standard geworden ist. In Hausen im Thal übernachtete ich im Gasthaus "Murmeltier", wo ich extrem gut ass, billig schlief und Frank kennenlernte. Frank kommt aus Frankfurt am Main und ist ähnlich wie ich unterwegs. Wir haben zusammen mit der Schweizerin Renate bis lange in die Nacht hinein diskutiert und einen schönen Abend verbracht. Heute dann ging ich von dort bis nach Sigmaringen weiter, wo ich jetzt auch im Internet-Cafe sitze. Hier hat es ein imposantes Schloss, das ich mir vielleicht noch anschauen werde.
Während ich Gestern und Vorgestern an einem Bächlein names Donau entlang spazierte, wurde diese gegen Sigmaringen immer breiter und ist hier etwa so breit wie die Emme. Es ist kaum zu glauben, dass ich an der legendären, grossen, weltberühmten Donau sein soll, die bis ins Schwarze Meer fliesst. In den nächsten paar Tagen will ich bis nach Ulm kommen. Bis dahin wird die Donau noch meine treue Begleiterin sein. Nach heutiger Karteneinsicht werde ich nach Ulm noch ca. einen Tagesmarsch weiter das Donautal entlang spazieren und danach Richtung Norden abbiegen.
So damit wäre das Wichtigste gesagt. Ich meld mich wieder.
Grüsse
Joel

Dienstag, August 08, 2006

Tuttlingen

Hallo Zusammen,
nachdem ich bereits Gestern in Blumberg schreiben konnte, habe ich schon wieder ein Internetcafe (ohne egü, da deutsche Tastatur :) ) gefunden. Heute bin ich von Blumberg aus bis nach Tuttingen gewandert. Zuerst musste ich ca. 15km auf der Hauptstrasse den Lastwagen ausweichen, bis ich endlich an die Donau gelangte, wo ich dann den schönen Radwanderweg bis nach Tuttingen genommen habe. Ich bin sehr vielen Menschen auf dem Velo begegnet, die mich alle überholt haben. Habt ihr gewusst, dass die Donau ganz hier in der Nähe im Kalkboden versickert und ca. 60km weiter wieder aus dem Boden kommt? Ein Fahrradwanderer auf dem Radwanderweg hat mir dies bei einer Pause erzählt. Es gab übrigens genug Leute, die das nicht geglaubt haben, worauf irgendwelche Geologen die Donau bei der Donausickerung mit Farbe versetzt haben und die Farbe an der erwarteten Stelle dann tatsächlich wieder aufgetaucht ist. Ihr seht man lernt auch etwas beim Gehen, man hat nicht nur Schmerzen :). So schlimm wie ich es Gestern wohl beschrieben habe ist es dann auch wieder nicht. Immerhin konnte ich Gestern und Heute jeweils mehr als dreissig Kilometer zurücklegen, was nicht gerade auf einen miesen Gesundheitszustand hinweist. Aber anstrengend ist es schon. Die Muskeln legen sich jeweils gerne in ein warmes Bett und ruhen sich aus. Deshalb werde ich wohl auch Heute wieder ein Hotel oder eine Jugi aufsuchen. Es ist einfach zu schön in einem richtigen Bett zu schlafen, ausserdem brauche ich die Erholung. Noch etwas. Bisher habe ich in Deutschland immer ziemlich billig und sehr gut gegessen. Die Zimmer kosten jeweils zwischen 22 und 25 Euro mit oder ohne Frühstück. Sie sind also billiger als jenes billo Zimmer in der Schweiz, sind aber um einiges komfortabler und die Bedienung ist auch immer mega freundlich. Die Frau des Wirtes von Gestern hat mir sogar extra meine Wäsche gewaschen. Das nenn ich Service. So jetzt muss ich mal ein Zimmer suchen.

Bis Bald.

Joel

P.s.: Ich freue mich immer über die Kommentare, also schreibt weiter.

Montag, August 07, 2006

Blumberg

Hallo Zusammen,
schon eine Weile her seit ich mich das letzte Mal melden konnte. Ich befinde mich hier in Blumberg im Schwarzwald. Heute konnte ich ca. 30 km zurücklegen, was mir in den letzten Tagen nicht immer gelang. Nachdem ich in Trimbach war, schaffte ich es nicht sehr weit; nur bis Aarau. Dort suchte ich mittels Kartonanzeige in meinen Händen ein Zimmer, worauf mich die 68-jährige Louise freundlicherweise zu sich nach Hause einlud. Dort kriegte ich eine warme Dusche, Bohnen mit Speck und Kartoffeln zum aufwärmen und danach noch einen Salat und einen Fleisch-ß Käseteller. Wobei Louise mich zuerst in ihrem schönen Terrassenhaus alleine liess und erst zu Salat und kalter Platte wieder da war. Wir verbrachten einen gemütlichen Abend und verabschiedeten uns am nächsten Morgen, nach Birchermüesli, Kaffee und Orangensaft. Am Freitag wanderte ich wieder über 30km weit bis fast an die Schweizer Grenze. Döttingen hiess das Dorf, wo ich in einem Landgasthof übernachtete. Das Zimmer kostete Fr 45.- ohne Frühstück und sah so aus wie ein altes Knechtenzimmer auf dem Bauernhof. WC und Bad auf dem Gang. Am Samstag hatte ich eine Blase am kleinen Zeh, die bis auf das Fleisch hinunterging. Nach einer Stunde Wanderung bei Regen und Kälte verweilte ich ca. zwei Stunden in einem Restaurant in Bözingen. Da es danach schon 14 Uhr war, kam ich nur noch bis Wutöschingen (ca. 15km insg.) an der Wutach. Dort blieb ich dann das ganze Wochenende um mich heute wieder auf den Weg zu machen. Das Zimmer in Wutöschingen war bei einem Chinesischen Restaraunt, kostete Euro 25.- pro Nacht, war um einiges sauberer als dasjenige in Döttingen und hatte auch das WC und die Dusche im Zimmer. Es war eben ein Standard Hotelzimmer. Heute nun schaffte ich es mich einige Male zu verirren und Dank der Hilfe zahlreicher Einheimscher am Schluss doch noch an meinem Ziel, nämlich Blumberg anzugelangen. Die Leute hier sprechen ein Gemisch aus Dialekt und Hochdeutsch. Mit einem Bauern konnte ich ohne weiteres Berndeutsch sprechen, da er ungefähr wie ein Ostschweizer sprach. Insgesamt habe ich bisher sehr gute Erfahrungen mit den Leuten gemacht, welche mir begegnet sind. Leider bin ich noch nicht so weit gekommen wie ich mir das gewünscht habe. Aber angesichts meines rechten Fusses, der bald schon nur noch aus Blasen bestehen wird, bin ich trotzdem recht zufrieden. Jetzt wo das Wetter wieder besser ist, hoffe ich jedoch mein Tagesziel von 30km jeweils erreichen zu können. Die Blasen werden zwar noch einige Zeit bleiben, aber da sie alle schon mehrere Tage alt sind, stören sie mich beim gehen kaum mehr.
So das war ein etwas langer Post. Ich hoffe er gefällt euch und gibt einen guten Überblick über meinen Gesundheits- ß Gemütszustand.
Gruss aus Deutschland
Joel